Olympia | 80.000 Zuschauer morgens um zehn – wo gibts denn sowas?
Von Ewald Walker
Beim Betreten des Stadioninnenraums stockte mir der Atem: ich blickte auf 80.000 Zuschauer, um diese Uhrzeit. Unfassbar. Die Spiele haben ihre Leichtathletik, die Leichtathletik hat ihre Olympischen Spiele.
Bei fünf Weltmeisterschaften (in Berlin, Doha, Eugene, Budapest und Stuttgart) und sechs Europameisterschaften (in Stuttgart, Helsinki, Berlin, München, Rom), über die ich bislang berichten durfte, habe ich so etwas noch nicht erlebt. Balsam auf die Seele einer Sportart, die im Kampf mit dem Fußball und der Gunst der Zuschauer immer schlechtere Karten besitzt.
Das Szenario im Stade de France wirkt fast anachronistisch. Über einer violetten Bahn thront bis unters Stadiondach eine begeisterte Menschenmenge. Man versteht kaum das eigene Wort, Telefonate sind bei dieser Lautstärke fast aussichtslos. Natürlich geht die Lautstärke am höchsten, wenn französische Athleten am Start sind.
Aber auch die deutschen Athleten sind nicht zu übersehen. Leo Neugebauer kämpft als Führender um eine Medaille im Zehnkampf, Gina Lückenkemper ist ins Halbfinale gesprintet, Christina Honsel steht im Hochsprung-Finale. Neugebauer hat aus seiner Heimat Leinfelden (bei Stuttgart) einen stimmgewaltigen Fanklub mitgebracht.
Die Stimmung zur Eröffnung lässt Großartiges erwarten. Wenn erst Duplantis, Bol, McLaughlin, Ingebrigtsen, Warholm, Nyles oder Jacobs in Aktion treten, wird das Stade de France vibrieren. Vielleicht erleben wir ja die besten Spiele aller Zeiten.