Malaika Mihambo im Generationen-Duell zum 14. DM-Titel?
Sechseinhalb Monate musste Malaika Mihambo auf Wettkämpfe verzichten. Eine Muskelverletzung, die sie sich im Sommer bei den Deutschen Meisterschaften in Kassel zugezogen hatte, zwang sie zu einer Pause. Eine lange Auszeit für die Olympiasiegerin von Tokio, eine lange Zeit auch für den Deutschen Leichtathletik-Verband. Nach dem medaillenlosen Debakel von Budapest wartete man in der deutschen Leichtathletik sehnlichst auf die Rückkehr der Lichtgestalt der letzten sechs Jahre. Olympiasiegerin, zweimal Weltmeisterin, Europameisterin und dreimal Sportlerin des Jahres – der Glanz von Malaika Mihambo hat ihre Sportart getragen. Lediglich Heike Drechsler hat mit zwei Olympiasiegen, vier WM-Titeln und einmal Sportlerin des Jahres eine ähnliche Bilanz aufzuweisen.
Malaika Mihambo hat die Zeit für ihr erstes Buch („Spring dich frei“) genutzt. Sie schildert darin ihre berührende Lebensgeschichte, in der sie auch von ihren Rassismuserfahrungen in der Kindheit aufgrund ihrer Hautfarbe berichtet. „Freizuspringen heißt, sich von gesellschaftlichen Erwartungen loszumachen“, lautet ihr Credo.
Das Beste draus gemacht
Aus der Verletzungszeit habe sie das Beste gemacht, sagt die inzwischen 30-Jährige, „ich habe mich völlig auskuriert und dann früh mit der Olympiavorbereitung begonnen“. Sechs Monate sind es noch bis Paris, auch das ein langer Weg. Der Wiedereinstieg war etwas holprig: 6,65 Meter in Dortmund, drei ungültige Versuche in Düsseldorf. „Ich bin sehr zufrieden“, sagt sie dennoch. Ulli Knapp, ihr Trainer weiß warum. „Malaika ist schon auf einem sehr hohen Leistungsniveau“, weiß Mihambos Schattenmann. Der dritte Sprung lag nur knapp übertreten bereits über sieben Meter, wie ein Fotobeweis bestätigt.
Die erste Bewährungsprobe steht am Wochenende (17./18. Februar) in Leipzig bei den Deutschen Hallen-Meisterschaften an. Ein „Quartett für den Titel“, lautet da die Devise, denn im Schatten der Überfliegerin Malaika Mihambo hat sich eine erstaunliche Entwicklung ergeben. Laura Raquel Müller (Unterländer LG, 19), Mikaelle Assani (SC Heel Baden-Baden, 21) und Maryse Luzolo (LG Eintracht Frankfurt, 28) haben zum Duell der Generationen angesetzt. Mihambo mit ihrem 14. Deutschen Meister-Titel oder eine Jüngere auf dem Weitsprung-Thron? Das macht die Spannung in Leipzig aus.
Kirche im Dorf lassen
„Weitsprung ist ein Krimi, immer ein Nervenkitzel“, sagt Laura Raquel Müller, die mit einem Sprung von 6,81 Metern im Januar in Dortmund sich plötzlich in der Weltspitze wiederfand. Derzeit liegt sie auf Rang drei der Weltbestenliste. „Das war natürlich eine große Überraschung auch für mich, im Trainingslager in La Palma hatte sich dies aber bereits abgezeichnet“, sagt der extrem schnelle und mit großen kämpferischen Fähigkeiten ausgestattete „Youngster“. Bereits mit 16 war sie deutsche Meisterin (U18) über 100 Meter und im Weitsprung. Vater Wolfgang Müller, ehemaliger Sprinter bei den Stuttgarter Kickers, und Tamas Kiss trainieren Müller am Olympiastützpunkt in Stuttgart. Die Lobeshymnen klingen schon laut, doch Kiss, der mit Marie-Laurence Jungfleisch, Fabian Heinle und Peter Rapp nationale Titelträger hervorbrachte, bremst zu hohe Erwartungen. „Wir müssen die Kirche im Dorf lassen“, sagt der gebürtige Ungar und freut sich dennoch über sein Juwel.
Ziel für Leipzig ist ein Platz auf dem Podium. Das gebietet auch der Respekt vor Seriensiegerin Malaika Mihambo. „Wir haben ein gutes Verhältnis miteinander, Malaika ist schon eine Ansprechpartnerin für mich“, sagt Laura Raquel Müller nach dem gemeinsamen Trainingslager in La Palma. Müller wohnt inzwischen in Stuttgart, absolviert hier ein Freiwilliges Soziales Jahr und betreut dabei einen achtjährigen Jungen. Die Weichen für weite Sprünge in den Sand sind gestellt.
Die Ziele für die Saison 2024 sind (hoch)gesteckt. „Für die EM in Rom haben wir eine Spitze eingeplant, aber natürlich sind die Olympischen Spiele im August der absolute Höhepunkt“, schaut Malaika Mihambo auf die großen Herausforderungen. Für Müller wäre eine Teilnahme in Rom oder Paris schon etwas Außergewöhnliches.